Welchen Einfluss haben die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Bewertung von Unternehmen?
08.06.2021
Die aktuellen Entwicklungen der Covid-19-Pandemie führen branchenübergreifend zu steigenden Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der (globalen) Marktwirtschaft im Allgemeinen sowie einzelner Branchen und Unternehmen im Speziellen. Insbesondere haben viele Unternehmen mit den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu kämpfen. Zudem gibt es in der Krise einige „Corona-Gewinner“, welche durch die aktuellen Umstände außerordentliche Überschüsse erwirtschaften konnten. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwiefern die Auswirkungen der Pandemie bei der Ermittlung von Unternehmenswerten zu berücksichtigen sind. Dies ist zum einen für Bewertungen von Unternehmen, deren Stichtage in der Zeit vor der Covid-19-Pandemie liegen relevant, da der Unternehmensbewertung das Stichtagsprinzip zugrunde liegt. Dies bedeutet, dass der Wert des Unternehmens auf einen bestimmten Tag ermittelt werden muss, wobei Kenntnisse zur Entwicklung nach dem Stichtag und somit der Covid-19-Pandemie nicht berücksichtigt werden dürfen. Für Unternehmensbewertungen mit Stichtagen nach Beginn der Covid-19-Pandemie müssen die Folgen der Krise bei der Herleitung der Planungsrechnung sowie Kapitalkosten langfristig quantifiziert werden. Dies geht mit großer Unsicherheit einher, da nach wie vor ungewiss ist, wie hoch das Ausmaß und auch die Dauer der Effekte der Corona-Krise sein werden. Der Fachausschuss für Unternehmensbewertungen (FAUB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer geht davon aus, dass der Verlauf der Corona-Pandemie dem Verlauf vorangegangener Pandemien ähneln wird. Entsprechend könnten sich die Folgen der Corona-Krise bei langfristig orientierten Zukunftserfolgswertverfahren relativieren. Da anzunehmen ist, dass die Auswirkungen der Corona-Krise für jedes Unternehmen in Abhängigkeit der Branche bzw. des Geschäftsmodells individuell sind, kann nicht allgemein davon ausgegangen werden, dass nach der Krise für alle Unternehmen gleichermaßen mit einer langfristigen Erholung zu rechnen ist. Für den konkreten Einzelfall müssen die kurz- bis mittelfristigen sowie die langfristigen Folgen unternehmensspezifisch und umfassend untersucht werden. Hinsichtlich der dem Unternehmenswert zugrundeliegenden Kapitalkosten geht der FAUB davon aus, dass sich diese auch in Krisenzeiten an langfristigen Analysen orientieren und die aktuellen Umstände nicht als dauerhafter Stimmungsindikator einzuordnen sind. Der FAUB sieht daher keinen Anlass, die bisherige Methodik zur Ableitung der Kapitalkosten aufgrund der Corona-Krise anzupassen. Szenario-analytische Bewertungen von idealtypischen Beispielunternehmen, welche unterschiedliche Langzeitfolgen zugrunde legten, zeigten zudem, dass der Unternehmenswert eines Unternehmens relativ robust gegenüber den Einflüssen der Covid-19-Krise ist. Die Untersuchung machte dabei zudem deutlich, dass ausschließlich barwertorientierte Bewertungsmethoden (bspw. das Ertragswertverfahren) herangezogen werden sollten, die zukunftsorientiert alle bewertungsrelevanten Faktoren berücksichtigen. Nur dann ist sichergestellt, dass der Einfluss von Krisen – ob Corona-Krise oder andere Krisen – auf die wesentlichen Werttreiber des Unternehmenswerts sach- und bewertungsgerecht einbezogen wird.