Verkürzte Nutzungsdauer digitaler Wirtschaftsgüter - Regelung mit vielen offenen Fragen
07.04.2021
Rückwirkend zum 01.01.2021 dürfen gemäß einer Verlautbarung der Finanzverwaltung Computer, deren Komponenten und Software schneller abgeschrieben werden. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer laut AfA-Tabellen der Finanzverwaltung für solche Wirtschaftsgüter soll nur noch ein Jahr betragen. Bisher betrug die Nutzungsdauer für Computer, Laptops und Drucker sowie Scanner drei Jahre. Somit konnten die Kosten nur über drei Jahre verteilt steuerlich geltend gemacht werden. Ob mit der Verkürzung der Nutzungsdauer auf ein Jahr allerdings bei unterjähriger Anschaffung die Geltendmachung des Aufwands im Anschaffungsjahr in voller Höhe als Betriebsausgabe oder Werbungskosten - wie bei den so genannten "Geringwertigen Wirtschaftsgütern" - möglich ist, oder auch in diesem Fall eine nur teilweise Erfassung durch monatsgenaue Aufteilung erlaubt ist, bleibt derzeit noch offen. Mit Verweis auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs aus den Neunzigerjahren wird von einer sofortigen Abschreibung in voller Höhe ausgegangen. Das Bundesfinanzministerium hat dies jedoch noch nicht bestätigt. Besonders in Fällen von wesentlicher Bedeutung muss hier dringend Klarheit geschaffen werden.
Für Wirtschaftsgüter, die bereits vor dem 01.01.2021 angeschafft wurden, greift eine sogenannte Restwert-AfA. Das bedeutet, die Restbuchwerte zum 31.12.2020 können im Veranlagungszeitraum 2021 vollständig steuerlich abgeschrieben werden. Damit wird auch die Hard- und Software berücksichtigt, welche während des ersten Lockdowns angeschafft worden ist.
Die Auswirkung auf die Handelsbilanz ist noch strittig. Für Zwecke der handelsrechtlichen Rechnungslegung muss/darf nach einer Meinung eine andere Nutzungsdauer angesetzt werden. Daraus ergäbe sich eine Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz, die in der Handelsbilanz zu passiven latenten Steuern führte. Nach anderer - ebenfalls gut begründeter - Auffassung gilt mangels steuergesetzlicher Ausnahmeregelung zwingend die Maßgeblichkeit, sodass für eine Nutzung der verkürzten Abschreibungsdauer eine entsprechende Handhabung in der Handelsbilanz zwingend ist, die sicherlich nicht immer zielführend oder gewünscht ist.
Aus der verkürzen Abschreibung können sich steuerliche Vorteile ergeben. Es sind jedoch auch Fallstricke in der praktischen Anwendung zu beachten. Zu berücksichtigen ist auf der einen Seite, dass die verkürzte Nutzungsdauer insbesondere für Unternehmen, welche im vergangenen Jahr Verluste eingefahren haben und ohnehin keine Steuern zahlen müssen, von geringem Nutzen ist. Auch in anderen Fällen kann je nach Liquiditätslage eine zeitliche Verlagerung von Steuerzahlungen gar nicht gewollt sein (Stichwort: "Verwahrentgelte der Banken").
Die neue Regelung stellt (jedenfalls faktisch) ein Wahlrecht dar. Somit sollte im Einzelfall geprüft werden, ob sich die Anwendung der verkürzten Nutzungsdauer - vor allem auch in Anbetracht der derzeit damit noch verbundenen Unsicherheiten - überhaupt anbietet.