Mehr Steuern zahlen als Einkünfte erzielen: Kann das funktionieren?
01.04.2024
Die Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften steht aufgrund potenzieller Ungleichbehandlung und vermeintlicher Verfassungswidrigkeit im Fokus der Justiz.
Bereits seit 2009 gilt für Privatanleger, die Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen, die sogenannte Abgeltungssteuer. Dabei können Gewinne und Verluste in der Regel innerhalb eines Kalenderjahres unbegrenzt saldiert werden und Verluste können auf die Folgejahre übertragen werden.
Eine steuerliche Sonderregelung gilt für so genannte Termingeschäfte. Die Gewinne aus diesen werden zwar auch den Einkünften aus Kapitalvermögen zugerechnet. Nach Modifizierung einiger Bestimmungen gibt es seit 1.1.2021 jedoch Einschränkungen für die Verrechnung der Verluste bei Termingeschäften, primär bei denen aus Optionen, Swaps, Forwards, Differenzkontrakten (CFDs), Futures und Stillhalterpositionen. Verluste aus diesen Termingeschäften dürfen nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften sowie mit Einnahmen aus Stillhalterprämien verrechnet werden. Pro Kalenderjahr ist die Höhe der Verlustanrechnung zusätzlich auf 20.000 Euro gedeckelt. Die Verrechnung mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ist nicht zulässig.
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) diskutierte kürzlich einen Fall zur Verlustrechnung für Termingeschäfte und gibt damit von der restriktiven Verlustverrechnung betroffenen Anlegern Hoffnung. Geklagt hatte ein Anleger, der bei saldierten Einkünften aus Termingeschäften eines Jahres in Höhe von 23.342 Euro aufgrund der restriktiven Verlustverrechnung mit einer Steuerzahlung in Höhe von 59.860 Euro belastet wurde. Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid sowie der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, in welchem sich der Kläger auf ein laufendes Verfahren beim Bundesverfassungsgericht berufen hatte, wurde vom zuständigen Finanzamt abgelehnt.
Dagegen teilte das FG die Bedenken des Klägers hinsichtlich der Verlustverrechnung bei Termingeschäften. Bei der Prüfung des Aussetzungsverfahrens wurde zu Gunsten des Klägers entschieden. Das FG resümiert in seinem Urteil, dass eine betragsmäßige Beschränkung der Verlustverrechnung innerhalb von Termingeschäften zu einer (potenziellen) Ungleichbehandlung führt und für diese vorerst kein sachlicher Rechtfertigungsgrund vorhanden zu sein scheint. Die Abgeltungssteuer bildet als Ganzes ein geschlossenes System bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften, bei der die Verlustverrechnung ebenfalls auf dieses zu beschränken ist. Es ist rechtens, dass der Sondertarif sowohl für Gewinne als auch für Verluste gelten sollte, jedoch nicht für eine betragsmäßige Begrenzung der Verlustverrechnung. Folglich entsteht nach Ansicht des FG eine sachlich nicht begründete asymmetrische Besteuerung von Gewinn und Verlusten.