Kein Gestaltungsmissbrauch bei der Verschmelzung einer Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft
03.12.2021
Bei der Verschmelzung einer Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft und der Verrechnung der Gewinne mit Verlusten der aufnehmenden Gesellschaft im Rückwirkungszeitraum besteht laut Bundesfinanzhof (BFH) kein Gestaltungsmissbrauch.
Der BFH hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Eine sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindende A-GmbH (Klägerin), die über Verlustvorträge verfügte, erwarb Anteile von C an der B-GmbH. Die B-GmbH wurde auf die Klägerin rückwirkend verschmolzen. Im Rückwirkungszeitraum erzielte die B-GmbH positive Einkünfte aus der Auflösung von Rückstellungen. Dieser Gewinn wurde im Wege einer sogenannten Vorabausschüttung an C ausgeschüttet. Aufgrund der rückwirkenden Verschmelzung wurde der Verlustvortrag der Klägerin mit den positiven Einkünften der B-GmbH verrechnet. Das Finanzamt sah in der rückwirkenden Verschmelzung einen Gestaltungsmissbrauch.
Nach den einzelsteuergesetzlichen Vorschriften konnte im Streitjahr 2008 der Verlustvortrag der Klägerin mit den positiven Einkünften der B-GmbH verrechnet werden. Die rückwirkende Verschmelzung, die diese Verrechnung ermöglichte, wurde durch die Richter des BFH nicht als Gestaltungsmissbrauch qualifiziert. Denn es steht einem Steuerpflichtigen frei, einen von ihm selbst erwirtschafteten Verlust durch Verrechnung mit positiven Einkünften zu nutzen. Zur zulässigen Verlustnutzung gehört es, wenn die Klägerin als Verlustgesellschaft die positiven Einkünfte, die sie zur Verlustnutzung benötigt, entgeltlich erwirbt.
Das Urteil betrifft das Streitjahr 2008. Der Gesetzgeber hat im Jahr 2013 reagiert und eine Verlustnutzung im Rückwirkungszeitraum einer Verschmelzung ausgeschlossen, wenn der eigene Verlust mit positiven Einkünften des verschmolzenen Rechtsträgers verrechnet werden soll. Insoweit ist dieses Urteil hinsichtlich des konkreten Sachverhalts nur noch für Altfälle von Interesse. Es zeigt aber, dass der BFH Gestaltungsmissbrauchsvorwürfen der Finanzverwaltung kritisch gegenübersteht, sodass auch zukünftig Gestaltungen zur Verlustnutzung, sofern diese vom Gesetz abgedeckt sind, durchaus vorgenommen werden sollten.