Hart auf Kante: Steuern sparen mit dem Supervermächtnis
26.11.2020
Die Regelung der persönlichen Vermögensnachfolge im Rahmen eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments ist in einer Vielzahl von Fällen ein sinnvolles Gestaltungsmittel, um unter Berücksichtigung des Aspekts der Verteilungsgerechtigkeit sicherzustellen, dass der länger lebende Ehepartner abgesichert ist. Diese Gestaltung kann bei größeren Vermögen zu pflichtteilsbedingten oder erbschaftsteuerlichen Liquiditätsabflüssen führen, die bei optimaler Gestaltung zu vermeiden oder zu verringern sind.
Im Fokus soll nachstehend der Aspekt der Steuerersparnis sein: Je nach Umfang des Vermögens kann es sinnvoll sein, den länger lebenden, allein erbenden Ehepartner mit Vermächtnissen zu beschweren. Vermächtnisnehmer sind vom Erben in der Weise zu unterscheiden, dass sie lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des angeordneten Vermächtnisses – sei es in Form von Sach- oder Barwerten – haben. Der Effekt ist evident: Die Belastung zur Herausgabe von Vermögenswerten führt beim überlebenden Ehegatten zu einer Minimierung des Nachlasswertes und hat gleichzeitig den Charme, dass Kinder nach dem erstversterbenden Elternteil die vollen Freibeträge nutzen können. Diese Methode bringt die Testierenden freilich in die Not, bereits zu einem vermutlich frühen Gestaltungszeitpunkt zu entscheiden, welche konkreten Werte wann als Vermächtnis zum Tragen kommen sollen. Genauso ist im Zeitpunkt der Testamentserrichtung oft unklar, ob die aktuelle Vermögens- und Interessenslage noch derjenigen am Todestag des Erstverstorbenen entspricht und insbesondere, welche konkreten Zuwendungsgegenstände vorhanden sein werden.
In der findigen kreativen Gestaltungspraxis begegnet man diesen Aspekten seit geraumer Zeit mit der Entwicklung eines Supervermächtnisses. Kerngedanke dieser Vermächtnisanordnung ist, dass der überlebende Ehepartner als alleiniger Erbe nach billigem Ermessen bestimmen kann, wer aus dem Kreis der Vermächtnisnehmer zu welchem Anteil ein Vermächtnis erhalten soll; er kann außerdem den Gegenstand, die Bedingungen und den Zeitpunkt der Leistungen bestimmen – das im Rahmen und insbesondere sogar unter Berücksichtigung seines eigenen Versorgungsinteresses. In der Rechtsliteratur wird kontrovers diskutiert, ob solche, an die Grenze der Unbestimmtheit reichenden, Regelungen in Testamenten zulässig sind. Kürzlich hat das Oberlandesgericht Hamm unter zivilrechtlicher Beflaggung entschieden, dass es immerhin zulässig sein soll, dem solchermaßen belasteten Erben eine auf dem Vertrauen des verstorbenen Ehegatten beruhende, sehr weitgehende Gestaltungsfreiheit einzuräumen. Eine klare Positionierung durch die steuerrechtliche Jurisprudenz steht dazu bislang aus. Mit vorsichtiger Einschätzung steht der vermeintlichen Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs entgegen, dass die skizzierte Anordnung eines Supervermächtnisses eindeutige Rechtsgrundlagen im erbrechtlichen Teil des BGB aufweisen kann, die vornehmlich dazu dienen, die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis des Beschwerten zwischen Testamentserrichtung und Erbfall aufrechtzuerhalten.
Bei der Gestaltung eines Supervermächtnisses dieser Art ist gleichwohl Vorsicht geboten. Es empfiehlt sich, vorerst eine zeitnahe Erfüllung der Vermächtnisse anzuordnen und genauso das Vermächtnis zunächst als Sachvermächtnis anzulegen, jedoch dem beschwerten Erben zu erlauben, stattdessen eine Geldleistung zu erbringen, um das Risiko einer Abzinsung zu vermeiden.